Wenn man von Braunschweig auf kürzestem Wege einmal über den Harz möchte, landet man schnell in Bad Sachsa. Auf keinen Fall wollte ich diese 200 km auf Asphalt fahren und da die Gravelfunktion bei Komoot hierzu leider nicht taugt, plante ich das Ganze als MTB Tour. Insbesondere deswegen machte ich mir aber auch über die 3000 Höhenmeter ein wenig Sorgen. Und so schwang ich mich am Sonntagmorgen mit gemischten Gefühlen in den Sattel.

Von Braunschweig auf den Brocken ist schon eine großartige Tour mit einem lohnenswerten Ziel, gerade weil man fast von Beginn an, zumindest bei gutem Wetter, sein Ziel erblicken kann. Am Brocken vorbei einmal über den Harz ist für mich aber eine noch viel spannendere Vorstellung und so legte ich am Sonntagmorgen trotzt meiner Bedenken die ersten Kilometer voller Vorfreuden zurück. Ab Dorstadt gab es dann den ersten Schotter und ich folgte recht flott mal der Oker, mal der Bahnstrecke bevor ich bei Isingerode einen kleinen aber feinen und durchaus lohnenswerten Abstecher in den benachbarten Wald machte, welcher die Beine das erste Mal forderte. Weiter ging es entlang der Oker und Radau, teils auf traumhaften Wegen. In Vienenburg suchte ich vergebens einen Bäcker mit den richtigen Öffnungszeiten, wurde aber in Bündheim fündig, leider mit spärlichem Angebot, so dass ich nur trockene Brötchen in Bad Harzburgs Nebenstraßen verzerrte.

Beim Baumwipfelpfad sollte es nun endlich hoch in den Harz gehen. Doch schon bei der Sennhütte gab es die erste Planänderung. Der kleine S1 Trail ist hier leider, aufgrund umgekippter Bäume kaum befahrbar und so folgte ich dem Weg durch das Lange Tal, welcher am Ende aber auch zu einem kleinen Trail wurde, bevor ich auf der Kalte-Tal-Straße das Molkenhaus passierte. Auf diesem kurzen, aber mit teils 18% Steigung recht steilen Abschnitt, machte ich mir das erste Mal ernsthaft Sorgen, ob ich die Tour auch wirklich schaffen würde. Zu Hause auf der Werkbank lag das 36er Kettenblatt mit 11/46er Kassette, welches ich mir extra für derartigen Ausflüge zugelegt hatte, doch leider fehlte irgendwie mal wieder die Zeit. Die 40/42 Übersetzung ist definitiv grenzwertig und unnötig kraftraubend, aber am Ende auch eine Erfahrung.

Nach dem der Aufstiegt erst einmal geschafft war, kam ich auf meist gutem Schotten recht zügig voran und ich genoss die in den letzten Jahren entstandene Aussicht. Erst kurz vor dem Abbenstein wurde dieser Fluss unterbrochen, da mein Weg über einen recht verblocktem S2-S3 Trail entlang des Kaiserweges führte, welcher sich mit dem Bombtrack Hook EXT und den 27,5 Zoll Laufräder, zu großen Teilen aber meistern ließ.

Nach einem kleinen, weiteren Stück der kaiserlichen Route, welcher sich deutlich besser befahren ließ,  folgte ich ein wenig Goethes Spuren, bevor ich entlang der großen Bode, vorbei am Bösen Hund, nach Braunlage fand. Schneller Schotter führte mich vorbei an gestapelten Holz, wobei sich mir immer wieder traumhafte Weitblicke boten, welche den Harz zu einer ganz neuen Erfahrung machten. Im Süden, noch vor Wieda sollte sich diese Bild dann wandeln. Laubbäume ließen die Lande wieder ergrünen und spendeten Schatten auf den weiteren Kilometern. Die Anstiege wurden kürzer und die Abfahrten länger und so erreichte ich gegen späten Mittag bei bestem Wetter Bad Sachsa. Nach einer entspannten Pause mit Eis und Bier, eine interessante Mischung,  ging es nun auf den Rückweg. Und wie zu erwarten war, vermisste ich schnell die erwähnte Kettenblatt-Kassetten-Kombi auf den ersten Metern des Wiederaufstiegs. Aber auch dieses Mal ließ sich die Steigung, trotz leicht ermüdeter Beinen meistern, so dass ich mich bald wieder in den Höhen des Südharzes befand. Um den Jagdkopf folgte ich nun einer recht breite Schotterpiste mit fantastischen Ausblicken bis runter  zur Oder, wobei man den Blick für die Straße nicht verlieren durfte.

Kurz nach der Odertalsperre verließ die Route den Grenzweg und es folgte einer der anspruchsvollsten Abschnitte dieser Tour. Ich erklamm, kaum fahrbar, einen mir unbekannten kleinen Berg und sah mich vor einer unübersichtlichen, verwachsenen Abfahrt. Leider war der Untergrund durch das hohe Gras kaum zu erkennen, so dass ich mich nur langsam herantastete. Das Hinterrad blockierte schnell, die Last hing in der vorderen Bremse. Querliegende Äste und teils loser, grober Schotter machten das wenige Lenken unsicher und ich saß fast auf dem Hinterrad. Die ersten Meter waren grenzwertig doch in der Mitte folgte ein von oben nur schwer zu erkennender, noch steilerer Abschnitt und mir wurde klar, dass ich von dem Fahrrad runter musste. An solchen Hangneigungen aber gar nicht so einfach ohne über den Lenker zu gehen. Doch es gelang sturzfrei und ich konnte die Abfahrt schiebend fortsetzen.

Am Fuße, wieder rollend angekommen, befand ich mich nun auf einer Wiese, welche scheinbar noch seltener betreten wurde, als der kaum erkennbare Weg welcher mich herführte. Schlimmer war jedoch, dass ich keinen Zweiten fand, der mich wieder von diesem grünen Flecken weg brachte. Kurz überkam mich der nicht gerade motivierende Gedanke die Abfahrt wieder besteigen zu müssen, bevor ich den erlösenden Pfad fand, der kaum diese Bezeichnung verdient hatte. Nach einigen Brenneseln, Brombeerbüschen und umgestürzter Bäume, fand ich aber wieder befahrbare Wege und konnte mein kleines Abenteuer wieder radelnd fortsetzen.

Entlang der Oder, nach einem kleinem Trail um den großen Oderberg der meine Aufmerksamkeit wollte, fand ich meinen Tiefpunkt dieser Tour. Es folgte ein leichter, stetiger und nicht enden wollender Anstieg auf eigentlich gutem Schotter. Doch der immer gleiche Bewegungsablauf und der fortwirkende Druck auf den Beinen lullten mich ein wenig ein und erst nach einer kurzen Pause und zwei weiteren Riegeln konnte ich die Fahrt wieder aufnehmen. Was eine kleine Rast und Zucker manchmal schaffen. Erst ab dem Oderteich, welcher auf einem abwechslungsreichen S1- S2 Trail flankiert wurde, änderte sich der Rhythmus.

Am Torfhaus legte ich noch mal eine kleine Pause ein, bevor ich mich auf den letzten Abschnitt machte, in dem die Abfahrten länger und die Anstiege wieder kürzer werden sollten. Auf dem Salzstieg wurde ich noch einmal ordentlich durchgerüttelt und zwischen dem Schlackenweg und der Goldbergstraße wollte das Rad noch einmal geschoben werden. Doch derartige Abschnitte wurden seltener und das radeln angenehmer. Begleitet durch erneut traumhafte Ausblicke gefiel das zügige Vorankommen und nach einer schönen Abfahrt fand ich die Oker wieder, diesmal im gleichnamigen Ort, an welcher es weiter Richtung Norden ging.

Das Okertal bei Vienenburg lud ein zu genießen, der Harly forderte noch einmal die Beine, bevor es über den Oderwald und durch Wolfenbüttel wieder zum Südsee ging.

Die Tour ist sicher nicht für jedermann/frau, wohl eher für leicht bekloppte … aber von Anfang bis zum Ende lohnenswert. Der Harz ist eine fantastische Spielwiese für derartige Unternehmungen und bietet vielfältigste Möglichkeiten seine Grenzen zu testen. Aber auch durch die veränderte Landschaft, bietet das Mittelgebirge von Endzeitstimmungen, über schönste Weitblicke bis hin zu bunten, märchenhaften Wiesen ganz neue Eindrücken. Ich komme bestimmt wieder, dann vielleicht von West nach Ost, oder so …

Geschrieben von : Jörg

Verbringt seine Zeit am liebsten unter freiem Himmel, liebt lange Tage im Sattel und kann das nächste Abenteuer kaum erwarten. "In der Natur gelten andere Regel, die uns in dieser schnellen Welt am Boden halten"

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